Ein Hydrocephalus (auch Wasserkopf genannt) beschreibt ein Mehr an Hirnwasser (Liquor) im Schädel und betrifft ca. einen Fall pro 1000 Geburten. In unserem Gehirn wird täglich Liquor produziert und dort auch wiederaufgenommen. Bei einer Produktionsmenge von ca. 20 ml pro Stunde findet täglich ein viermaliger Gesamtaustausch des Liquors statt. Dieser Liquor dient als Pufferkissen zum Schutz unseres Gehirns. Der Liquor wird in den Ventrikeln produziert. Das sind vier Hohlräume in unserem Gehirn. Er fliesst durch diese vier Ventrikel und anschliessend um das Gehirn, bis er in der Hirnhaut wiederaufgenommen wird. Kommt es zu einer Verstopfung der Ventrikel oder ihrer Abflüsse, zu einer vermehrten Produktion von Liquor (selten) oder zu einer verminderten Wiederaufnahme von Liquor, so entsteht ein Hydrocephalus.
In der Kinderneurochirurgie unterscheiden wir zwischen:
All diese Formen können sowohl einzeln als auch kombiniert auftreten.
Die Gründe für einen Hydrocephalus können vielfältig sein. Man unterscheidet zwischen angeborenen und erworbenen Formen. Daher kann ein Hydrocephalus auch in jedem Alter auftreten. Es gibt gewisse Risikofaktoren, die mit dem Auftreten eines Hydrocephalus zusammenhängen können, aber nicht müssen – unter anderem ein tiefes Geburtsgewicht, Frühgeburtlichkeit, männliches Geschlecht und mütterlicher Diabetes mellitus («Zuckerkrankheit»).
Bei Föten und Säuglingen sind die Knochenverbindungen des Schädels (sogenannte Nähte) noch weich und verformbar. Staut sich viel Hirnwasser an, kann sich der Kopf unter dem Druck verformen. Es kommt in der Regel zu einer raschen Grössenzunahme des Kopfes (messbar mit dem Kopfumfang) und zu einer vollen und prallen Fontanelle.
Falls die Schädelknochen bereits geschlossen sind, findet vor allem ein Anstieg des Hirndrucks statt, da sich das Gehirn und die Ventrikel nicht weiter ausdehnen können. Ebenfalls von Bedeutung ist die Zeitspanne, in der ein Hydrocephalus entsteht.
Wenn in kurzer Zeit ein Hydrocephalus entsteht, kann sich das Gehirn dem steigenden Druck nicht schnell genug anpassen. Dann treten eher frühe und starke Symptome auf. Ein Hydrocephalus kann aber auch langsam entstehen, womit Symptome auch erst später auftreten.
Ansteigender Druck im Kopf führt typischerweise zu leichter Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Gangstörungen oder neurologischen Ausfällen. Oft weisen Kinder auch eine Entwicklungsverzögerung auf und Entwicklungsmeilensteine werden nicht erreicht.
Klinische Verdachtsfälle werden in der Regel von pädiatrischen Neurolog*innen oder Entwicklungspädiater*innen untersucht. Zusätzlich lässt sich mittels einer Augenuntersuchung eine Schwellung des Augennervs, ein sogenanntes Papillenödem, feststellen, was für einen erhöhten Druck im Kopf sprechen würde.
Bleibt nach den Untersuchungen der Verdacht bestehen, wird als Nächstes eine Bildgebung des Schädels gemacht. Dabei handelt es sich bei Säuglingen (solange die Fontanelle offen ist) um einen Ultraschall. Falls sich dann die Verdachtsdiagnose im Ultraschall bestätigt, wird eine Magnetresonanztomographie (MRT) zur Evaluierung der Ursache durchgeführt. Bei Kindern mit geschlossener Fontanelle wird direkt eine MRT durchgeführt.
Der Vorteil der Ultraschalldiagnostik ist, dass sie in wachem Zustand durchgeführt werden kann, jedoch bei schlechterer Bildqualität als bei einer MRT. Für eine MRT wiederum müssen Säuglinge und Kinder bis zum Alter von ca. sieben bis neun Jahren in Narkose versetzt werden. Mit ihrer besseren Bildqualität bestätigt die MRT in der Regel auch die Ursache des Hydrocephalus.
In den allermeisten Fällen ist eine Operation unumgänglich. Ein Hydrocephalus wird in der Regel nicht spontan besser. Die aktuellen Behandlungsmöglichkeiten für einen Hydrocephalus umfassen insbesondere zwei kinderneurochirurgische Operationstechniken: ein sogenannter ventrikuloperitonealer Shunt oder eine sogenannte endoskopische Drittventrikulostomie.
Falls eine andere Krankheit zum Hydrocephalus führt (wie z.B. ein Tumor), muss diese ebenfalls behandelt werden. In der Folge bildet sich auch der Hydrocephalus in der Regel zurück.
Bei der Einlage eines ventrikuloperitonealen Shunts (VPS) wird ein kleines «Abflussröhrchen» (Shunt) zwischen dem Kopf und dem Bauchraum angelegt. Damit wird der Abfluss des Liquors wiederhergestellt.
Die Einlage des VPS wird dabei wie folgt ausgeführt: Das Kind wird unter Narkose in Rückenlage positioniert. Nach minimaler Rasur der Haare wird ein ca. 2 cm grosser Hautschnitt vorne rechts am Kopf gemacht. Anschliessend wird ein kleines Loch in den Schädelknochen gebohrt. Mithilfe einer intraoperativen Bildgebung wird die Shuntspitze in den Ventrikel eingelegt. Anschliessend wird die Shuntspitze mit dem restlichen Shunt verbunden. Dieses «Abflussröhrchen» verläuft unter der Haut und ist mit einem Ventil verbunden. Das Ventil befindet sich ungefähr hinter dem Ohr und kann durch die Haut getastet werden. Am Ventil kann eine Druckhöhe eingestellt werden, ab welcher sich das Ventil öffnet und somit Liquor in den Bauchraum abfliessen kann. Dieser Prozess ist magnetisch regulierbar und kann von aussen mit einer Schablone verändert werden, sollte dies notwendig werden.
Das Ventil hinter dem Ohr wird mit einem zusätzlichen Schlauch verbunden, der unterhalb der Haut in Richtung des Bauchs verläuft. Am UKBB wird die Einlage des «Abflussröhrchens» gemeinsam mit Kinder-Bauchchirurg*innen durchgeführt. Diese nehmen den Schlauch auf Höhe des Bauchraums entgegen und bringen diesen mittels einer minimalinvasiven (laparoskopischen) Methode unter Sichtkontrolle in den Bauchraum. Dafür sind zwei kleine Schnitte an der Bauchdecke und am Bauchnabel notwendig, die im Anschluss wieder vernäht und steril abgedeckt werden. Abschliessend werden die Schnitte am Bauch und am Kopf wieder zugenäht und steril abgedeckt. Die Operation dauert zwischen 30 und 60 Minuten.
Alternativ kann in ausgewählten Fällen (vor allem bei obstruktivem Hydrocephalus) die endoskopische Drittventrikulostomie (ETV) erfolgen. Ebenfalls in Rückenlage und unter Narkose wird ein ca. 2 cm grosser Hautschnitt vorne rechts am Kopf gemacht und anschliessend ein kleines Loch in den Schädelknochen gebohrt. Durch dieses wird ein kameragesteuertes Endoskop (ein Metallstab mit Kamera und Lichtquelle am vorderen Ende) in die Ventrikel eingebracht. Anschliessend wird ein kleines Loch in den Boden des dritten Ventrikels gemacht, um den Abfluss des Liquors wiederherzustellen. Dieses Loch wird mittels eines kleinen Ballons gemacht, der einen neuen Abfluss (sogenannte Stomie) zwischen den Ventrikeln herstellt. Anschliessend wird der Ventrikel wieder verlassen und der Zugangsschnitt verschlossen. Die Operation dauert zwischen 20 und 30 Minuten.
Die beiden Operationstechniken sind sich ebenbürtig. Die ETV zeigt ein geringeres Risiko für Infekte verglichen mit dem VPS. Allerdings ist die Erfolgsrate der ETV bei Kindern unter einem halben Jahr im Vergleich zum VPS tiefer. Zusätzlich ist die ETV nicht für jede Form eines Hydrocephalus geeignet. Deshalb besprechen unsere erfahrenen Kinderneurochirurg*innen mit Ihnen, welche Methode die höchste Erfolgsrate im jeweiligen Fall aufweist und deshalb am geeignetsten ist für Ihr Kind.
Nach der Operation wird der Erfolg des Shunts oder der ETV mittels Bildgebung in den Nachkontrollen überprüft und die Feineinstellung des Ventils, falls notwendig, bei dem VPS gemacht.
Während des gesamten Spitalaufenthaltes wird Ihr Kind von unserem Team der pädiatrischen Neurochirurgie im UKBB betreut. Ihr Kind tritt einen Tag vor der Operation ein, wird durch unser Team und die Narkoseärzte (Anästhesie) nochmals untersucht und kann dann, falls Sie dies wünschen, zuhause schlafen. Am nächsten Tag wir Ihr Kind operiert. Anschliessend kommt es zur Überwachung in den Aufwachraum und nach ein paar Stunden wird es auf die Kinderchirurgische Bettenstation (Station B, 3. Stock) verlegt. Säuglinge jünger als sechs Monate werden nach der Operation bis zum Folgetag auf der Intensivstation überwacht (1. Stock).
Am Operationstag steht Ihnen eine Begleiterin vom Elternbegleitungsservice (BELOP) der Stiftung Pro UKBB zur Verfügung. Sie begleitet Sie, bis Ihr Kind eingeschlafen ist, und zeigt Ihnen, wo es wieder aufwachen wird. Zwischendurch hilft sie Ihnen, sich im Spital zurechtzufinden. Während der gesamten Zeit wird Ihr Kind von unserem Team der Pädiatrischen Neurochirurgie betreut.
Sobald Ihr Kind sich von der Operation erholt hat, darf es wieder nach Hause austreten. Während der gesamten Zeit dürfen Sie bei Ihrem Kind sein und sich mit Fragen an das Team der Pädiatrischen Neurochirurgie wenden, welches täglich zur Visite bei Ihnen und Ihrem Kind vorbeikommt.
Die Prognose für einen behandelten Hydrocephalus ist in der Regel sehr gut. Die Kinder zeigen häufig eine gute Entwicklung und haben eine gute Lebensqualität. Teilweise hängt die Prognose jedoch von der zugrundeliegenden Erkrankung und deren Begleiterscheinungen ab. Entsprechend kann die Prognose auch weniger gut ausfallen. Komplikationen nach einer ETV sind insgesamt selten (ca. 5% gesamthaft). Die häufigste Komplikation ist ein Wiederverschluss der durchgeführten Stomie oder aber ein bleibender Hydrocephalus trotz der Stomie. In diesen Fällen muss die ETV wiederholt oder ein VPS eingesetzt werden. Weitere seltene Risiken sind Infektionen, Blutungen, Krampfanfälle oder ein Schlaganfall.
Akute (kurzzeitige) Komplikationen nach einer VPS-Implantation treten in ca. 3–5% der Fälle auf. Es handelt sich dabei vor allem um Infektionen (5–15%), Blutungen und Wundheilungsstörungen. In seltenen Fällen kann es zu einer sogenannten Überdrainage kommen. Das bedeutet, dass der Shunt zu viel Liquor abführt und es einen Zug auf das restliche Hirngewebe gibt. Dies kann zu Blutungen führen, welche einer Operation bedürfen. Die Langzeitkomplikationsrate (auf die gesamte Lebensdauer gesehen) ist beim VPS deutlich grösser. In ca. 20–30% der Fälle muss man damit rechnen, dass sich die Kinder mit VPS im Verlauf ihres Lebens einer sogenannten Shuntrevision (erneute Operation mit Ersetzen des Shunts oder Teile davon) unterziehen müssen, da es zu Brüchen, Verbindungsunterbrüchen (Dekonnektion), Verstopfung, Verschiebung und Infektionen im Shuntsystem kommen kann. In der Regel brauchen die Kinder den VPS lebenslang. Ein VPS kann im Verlauf des Lebens nur selten wieder gänzlich entfernt werden.
058 387 78 82 (Kosten werden über die Krankenkasse abgerechnet)
Bei Notfällen im Ausland rufen Sie die Notfallnummer Ihrer Krankenkasse an. Die Kontaktdaten finden Sie jeweils auf Ihrer Krankenkassenkarte.
145 (Gift- und Informationszentrum)
Universitäts-Kinderspital beider
Basel, Spitalstrasse 33
4056 Basel | CH
Tel. +41 61 704 12 12
© UKBB, 2025
Die Medgate Kids Line liefert schnell und unkompliziert medizinischen Rat, wenn es Ihrem Kind nicht gut geht. Rund um die Uhr steht Ihnen das medizinische Team unseres Partners Medgate telefonisch zur Verfügung.
Für Notfälle im Ausland: Rufen Sie die Notfallnummer Ihrer Krankenkasse an. Diese finden Sie jeweils auf Ihrer Krankenkassenkarte.
Mehr Informationen: Auf der Seite der Notfallstation finden Sie alles Wichtige zu Verhalten in Notfällen, typischen Kinderkrankheiten und Wartezeiten.
144 Ambulanz
145 Tox Info Suisse (Vergiftungen)
117 Polizei
118 Feuerwehr
Zu welchem Thema möchten Sie uns kontaktieren?
Für Lob oder Tadel nutzen Sie bitte das Feedback-Formular.