Infolge des neuen Coronavirus fehlten plötzlich überall auf der Welt Beatmungsgeräte auf den Intensivstationen. Ein Forschungsteam um Prof. Thomas Erb und Prof. Jürg Hammer vom UKBB will mit einer ebenso innovativen wie kostengünstigen Lösung dazu beitragen, diesem Engpass entgegenzuwirken. Wir haben mit dem Projektleiter über die Hintergründe des Projekts gesprochen.
Herr Erb, Sie haben beim Basler Botnar Forschungszentrum BRCCH erfolgreich ein Projekt eingereicht, das einen Beitrag zur Verbesserung der Patientenversorgung im Rahmen der Corona-Pandemie leisten könnte. Worum geht es bei Ihrem Projekt?
Die Corona-Pandemie hat zu einem akuten Mangel an Beatmungsgeräten geführt. Die herkömmlichen Hersteller konnten den aktuellen Bedarf nicht decken. Zusätzlich problematisch waren die sehr hohen Kosten für diese Geräte – nicht nur, aber natürlich besonders für Länder mit tiefen Einkommen. Darum beteiligten sich auf einmal Techniker aus verschiedensten Branchen an Open-Source-Netzwerken, um Anleitungen zum Bau von kostengünstigen Beatmungsgeräten zu erstellen. Dieser Schritt war fürs Erste wichtig. Doch die Beatmung eines kranken Patienten ist einiges komplexer, als man sich das vielleicht vorstellt. Bei einer Beatmung wirken grosse Kräfte auf die Lungenstrukturen ein. Es besteht dadurch immer die Gefahr, dass die Lunge einen Schaden davonträgt. Hier setzt unser Projekt an.
Was ist das Ziel?
Wir möchten eine schonendere Beatmung mit einem günstigen Open-Source-Beatmungsgerät ermöglichen. Dazu müssen wir einen Weg finden, wie wir den Luftdruck in der Lunge präziser bestimmen können, als es mit diesen Geräten möglich ist. Der Druck in der Lunge wird gemeinhin jeweils im Beatmungsgerät abgeschätzt und nicht in der Lunge selbst gemessen. Das birgt gewisse Gefahren und ist deshalb nicht ideal für die Gerätesteuerung. Bei den erwähnten Open-Source-Geräten fehlt ein entsprechender Kontrollmechanismus für die Steuerung zum Teil sogar ganz. Wir möchten nun mit einem Sensor, den wir an der Spitze des Beatmungsschlauchs anbringen, erstmals den Druck in der Luftröhre direkt messen. Dadurch könnten wir die Beatmung flexibler auf den effektiven Bedarf ausrichten. Das könnte die Belastung der Lunge reduzieren und akut erkrankten Patienten helfen, rascher zurück zur selbständigen Atmung zu kommen.
Noch ist das alles Zukunftsmusik. Wie gehen Sie nun vor, um diese Idee in ein greifbares Resultat zu überführen?
Wegen des akuten Bedarfs sind wir zunächst natürlich an einer schnell anwendbaren, günstigen Lösung interessiert. Darum bauen wir auf Bestehendem auf. Wir werden zunächst aus den Open-Source-Geräten das für unser Vorhaben vielversprechendste Beatmungsgerät ausfindig machen. Ähnliches gilt für den Sensor. Dieser muss von der Grösse her passen und über die gesamten Behandlungszeitraum hinweg zuverlässig präzise Messdaten liefert. Auf dem Markt gibt es bereits zahlreiche Sensoren – wir müssen nun den geeignetsten finden. Und schliesslich gilt es, am Modell zu beweisen, dass unsere Methode tatsächlich eine Verbesserung bringt.
Prof. Dr. med. Thomas Erb ist Chefarzt Anästhesiologie/Tagesklinik am UKBB und Mitglied der Geschäftsleitung. Er leitet das Projekt «COVent – Improve ventilation safety by means of intra-tracheal pressure monitoring – a short-term solution», das in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Mirko Meboldt, Dr. Marianne Schmid Daners (beide ETH Zürich) und Prof. Jürg Hammer (UKBB) entstanden ist sowie in Kollaboration mit dem CentreSuisse d’Electronique et de Microtechnique (CSEM).
Das Projekt wird im Rahmen der Forschungsinitiative «FastTrack Call for Acute Global Health Challenges (FCT)» unterstützt. Mit dieser Initiative fördert das Botnar Research Centre for Child Health (BRCCH) über zweieinhalb Jahre hinweg mit insgesamt 15 Millionen Franken elf Projekte, die sich der Diagnose und Behandlung der vom Coronavirus verursachte Krankheit Covid-19 widmen.
Welchen Nutzen erhoffen Sie sich von dieser neuen Steuerung bei der künstlichen Beatmung?
Die Mortalität ist bei beatmeten Patienten und gewissen akuten Lungenerkrankungen auch heute noch hoch. Wenn die neue Methode schon nur eine geringe Besserung erzielt, könnte dies einen bedeutenden Unterschied machen. Idealerweise könnte auch die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation sinken. Das würde bei einer allfällig nächsten Extremsituation bedeuten: Weniger Platzmangel, weniger Belastung des Personals und geringere Kosten.
Das klingt sehr vielversprechend. Bis wann, glauben Sie, könnten erste Patientinnen und Patienten mit Ihrer Methode beatmet werden?
Momentan sind wir noch auf der Stufe «Modell». Es liegt also schon noch ein Weg vor uns. Ultimativ werden dann klinische Studien nötig sein. Aber ich denke, wenn sich alle Hypothesen bestätigen, dürfte auch aufgrund der besonderen Lage relativ bald eine einsetzbare Lösung vorhanden sein, die wir wieder im Open-Source-Netzwerk teilen können. Dies wäre ganz im Sinne der Forschungsinitiative, über die unser Projekt gefördert wird. Diese hatte das das Basler Botnar Research Centre for Child Health (BRCCH) zu Beginn der Pandemie lanciert, um kurzfristige und pragmatische Projekte im Kampf gegen Covid-19-Erkrankungen zu fördern.
Können Sie uns noch etwas zu den weiteren Aussichten zu Ihrem Projekt sagen?
Wir haben bereits vorher an einem Drucksensor gearbeitet, der lediglich Papierdicke aufweist. Aus dieser Zusammenarbeit ist die Idee entstanden, ein Projekt zu dieser Thematik beim BRCCH einzureichen. So ein dünner Sensor liesse sich einfach auf einen Beatmungsschlauch montieren. Gerade auch bei der Beatmung von Kindern wäre dies dann eine wichtige Voraussetzung. Darum würden wir zu einem späteren Zeitpunkt gern in diese Richtung weiterarbeiten.
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